SPINNENSCHILDKRÖTEN
PYXIS BELL, 1827

Holger Vetter


Originalbeschreibung
On two new genera of land tortoises.- Transactions of the Linnean Society of London, 15: 395

Typusart (durch Monotypie)
Pyxis arachnoides BELL, 1827

Etymologie
Pyxis = (gr.) Dose; bezieht sich auf die durch das Vorhandensein eines Bauchpanzerscharniers erzeugte Verschließbarkeit des Panzers einer dieser Arten

Trivialnamen
Deutsch: früher auch Büchsenschildkröten
Englisch: Spider tortoises (= Spinnen-Landschildkröten), Malagasy spider tortoises (= Madagassische Spinnen-Landschildkröten), Madagascan spider tortoises (= Madagassische Spinnen-Landschildkröten)
Französisch: Pyxides
Niederländisch: Spinschildpadden (= Spinnenschildkröten)
Russisch: Pautschi tscherepachi (= Spinnenschildkröten)

Nomenklatur
Der wissenschaftliche Gattungsname Pyxis existiert mehrere Male, doch ist die einzig gültige Version die für die Spinnenschildkröten existierende Bezeichnung: Pyxis CHEMNITZ, 1784 ist zwar älter als Pyxis BELL, 1827, doch handelt es sich hierbei nach Entscheidung 32 der Internationalen Kommission für Zoologische Nomenklatur um einen ungültigen Namen, der daher keinen Vorrang gegenüber der jüngeren Version beanspruchen kann. Die anderen noch existierenden gleichlautenden Namen, Pyxis CHEVROLAT, 1843 für eine Käfergattung, Pyxis HERMANNSEN, 1848 für eine Schneckengattung und Pyxis STEFANI, 1877 für eine Muschelgattung, sind alle jünger als Pyxis BELL, 1827 und können daher nach den Regeln der zoologischen Nomenklatur nicht verwendet werden.

Beschreibung
Rückenpanzer ohne Scharnier, gewölbt oder oberseits abgeflacht, länglich, mit parallel oder fast parallel verlaufenden Seiten. Im Nackenbereich kleine Einkerbung, Nackenschild kann fehlen. Wirbelschilder breiter als lang, mit gut ausgebildeten Wachstumsringen und leicht erhabenen Areolen. Auf jeder Seite elf Randschilder, Schwanzschild ungeteilt. Hinterrand des Rückenpanzers abwärts gebogen und nicht gesägt (höchstens leicht bei Jungtieren). Knöcherne Wirbelplatten vier-, sechs- oder achteckig. Naht zwischen Rippen- und Randschildern zeichnet sich im unteren Bereich der knöchernen Randplatten des Rückenpanzers ab. Rückenpanzer mit charakteristischer, mehr oder weniger stark ausgeprägter Spinnennetzzeichnung, die strahlenförmig von den Areolen der Panzerschilder ausgeht und der Gattung ihren Trivialnamen und einer der beiden Arten auch ihren wissenschaftlichen Namen eingebracht hat. Auf den Rippenschildern „bündeln“ sich diese Strahlen meist in Richtung der Längsachse der Schildkröte.
Bauchpanzer gut entwickelt, bei einer Art mit beweglichem Vorderlappen zwischen Arm- und Brustschildern (bzw. zwischen Epiplastral- und Hyoplastralplatten), verläuft entweder hinter der Entoplastralplatte oder quer über dessen hinteren Teil. Vorderlappen des Bauchpanzers länger als Hinterlappen. Zwischen Afterschildern kann Kerbe liegen. Brücken breit, mit 1-2 Achsel- und Hüftschildern. Knöcherne Achsel- und Hüftstreben kurz und kräftig. Kehlschilder nicht besonders verdickt, stehen nur wenig über Vorderrand des Rückenpanzers hinaus.
Kopf mittelgroß, mit nicht hervorspringender Schnauze und schwachem Hakenschnabel am Oberkiefer. Oberkieferknochen ohne oder höchstens mit schwacher Leiste. Kieferränder glatt oder leicht gesägt.
Beine keulenförmig, Vorderfüße mit jeweils fünf Krallen. Vorderseite der Vorderbeine mit 7-9 Längsreihen vergrößerter, einander nicht überlappender Schuppen bedeckt. Vorderseite der Hinterbeine mit einer Längsreihe einander nicht überlappender Schuppen bedeckt. Oberschenkel mit stumpfen Tuberkeln, Fersen mit spornartigen Schuppen. Schwanzspitze mit stachelartiger Schuppe.

Systematik
Zur Gattung der Spinnenschildkröten werden heute in der Regel zwei Arten gestellt: die Gewöhnliche Spinnenschildkröte Pyxis arachnoides und die Flachrücken-Spinnenschildkröte Pyxis planicauda. Bis zum Anfang der 80er Jahre wurde Pyxis planicauda häufig in eine eigenständige Gattung (oder Untergattung innerhalb der Gattungen Testudo) mit der Bezeichnung Acinixys SIEBENROCK, 1903 eingeordnet, bis BOUR sie 1981 in die Gattung Pyxis stellte und Acinixys allenfalls den Rang einer Untergattung einräumte. Beide Spinnenschildkrötenarten sind offenbar nahe miteinander verwandt, so dass die Zuordnung zu einer gemeinsamen Gattung gerechtfertigt erscheint; mit ihrem starren Bauchpanzer ist Pyxis planicauda das logische nördliche Endglied einer Kette aus Pyxis-Formen, bei denen die Beweglichkeit des Bauchpanzerscharniers von Süden nach Norden immer mehr abnimmt. Außerdem bestehen Gemeinsamkeiten in der Panzerfärbung und -zeichnung sowie im Panzer- und Skelettbau. Allerdings gibt es auch Unterschiede, wie etwa in der Form der Rückenwirbel und wie erwähnt im Bau des Bauchpanzers. Die Einordnung von planicauda in Pyxis wurde daher nicht von allen Experten akzeptiert. So meinte auch CRUMLY, die von manchen Autoren aufgeführten Gemeinsamkeiten bezögen sich hauptsächlich auf Jungtiere beider Arten und seien auch bei jungen Exemplaren der Gattungen Homopus, Psammobates, Chersina, Kinixys und sogar Testudo und Geochelone i. w. S. zu finden. Weitere Untersuchungen sind notwendig, um diese Frage zu klären.

Artenschlüssel (nach IVERSON, A Revised Checklist with Distribution Maps of the Turtles of the World, 1992)
1a Zwischen Arm- und Brustschildern Bauchpanzerscharnier erkennbar: Pyxis arachnoides
1b Zwischen Arm- und Brustschildern kein Bauchpanzerscharnier erkennbar: Pyxis planicauda

Haltung
Siehe Artenbeschreibungen.

Literatur

Biologie und Gefährdung

Systematik und Taxonomie Haltung und Zucht